Baensch-Studio gestaltete ein Aquarium Panoptikum zur Reingold.Hringurinn vikinga Aufführung im Wagner-Museum. Die Konzertante Aufführung wird am Steingraeber&Söhne Kammerkonzertflügel C-212 von Shingo Inao gespielt. Shingo Inao ist 1980 in Chiba /Japan geboren und ist studierter Klangkuenstler & Entwickler selbstgebauter Instrumente. Seine Arbeiten bestehen aus zwei verschiedenen Medien; Ausstellung und Konzert. Bei der Ausstellung ist es ihm Hauptthema, das musikalische Potenzial zwischen klingenden Materialien im Raum zu realisieren. Die Performance ist in 4 Akte untergliedert und wird außerdem von Vinyl-Mash-ups von Trashure-Island begeleitet. Zum Abend erschien eine Sonderedition eines Konzertführers.
EIN VIDEOAUSSCHNITT ZUR AUFFÜHRUNG GIBT ES AUF UNSEREM VIMEO-ACCOUNT.
Das Review zur Konzertante Aufführung verfasste Herr Dr. Piontek. Die komplette Rezension können Sie hier nachlesen.
REINGOLD ODER DER RING DER WIKINGER
Richard-Wagner-Museum. 27.5. 2017 //Text: Dr. Frank Piontek
Es beginnt mit einem Reclam-Heft, das keines ist. Es ist nur so klein, schmal und gelb wie ein Produkt des bekannten Verlags, in dem die Texthefte zu den Opern und Musikdramen Richard Wagners preisgünstig erscheinen. „Reingold“ steht auf dem Umschlag, Schwarz auf Weiß auf gelbem Grund. „Reingold. Gulla hringurinn Vikinganna“, zu deutsch: „Der Ring der Wikinger. Eine altnordische Dichtung in 3 Versen“, herausgegeben von „Himmelgrün. Schönes & Schlaues.“
Wo das bedeutungsunterscheidende „h“ fehlt und die Reinheit des Goldes beschworen wird, ist jene Show am rechten Platz, die im Rahmen der studentisch kuratierten „Laborausstellung“ „rifts & scratches“ den Mythos Wagner auch in Richtung „fake news“ ausmisst. Eigentlich könnte man beim „Opernbuch“ „Reingold“ von „fake olds“ sprechen, aber da es sich bei der angeblichen Entdeckung einer aus drei Liedern bestehenden, altisländischen Sage über die Beziehung des Högni (Wagners Hagen) zum dänischen König Rurik und der anhängenden „konzertanten Aufführung“ vermutlich um einen Scherz der Bayreuther Kreativlaborantin Nicole Richwald, der Iwalewa-Programmateuse Katharina Fink, des DJs Fergus Wünschmann und des Pianisten Shingo Inao handelt, passt die Chose perfekt ins Goldene Reich der Mythologie. Und da sich eh nur ein paar versprengte Wagnerianer und Jungstudies in die Hallen des neuen Wagner-Museums verirrten, fiel’s auch kaum auf.
Schade – denn die Show hatte, auch rein musikalisch, beträchtlichen Unterhaltungswert, gelegentlich sogar die Klasse einer durchaus klassischen Moderne. Man vollziehe, so Fräulein Fink, mit diesem zweistündigen Abend die Reise der Nibelungen von Norwegen nach Worms mit musikalischen Mitteln nach. Das „Opernbuch“ und seine heldenhafte wie verschlagene Historie um die Doppelgängerschaft Hagens mit Rurik, deren Wikingerbeutezügen und die Erfindung des Nibelungen- und Germanenkults durch Hagen wird an diesem Abend nicht gebraucht; es ist eine hübsche und philologisch durchaus ernsthaft und gut gemachte Beigabe für Kenner und Liebhaber.
Das „Vinyl Mash-Up“ und „Visual Design“ wird vom Baensch Studio verantwortet: mit dem behüteten Wünschmann als Silhouette vor belebten Unterwasserbildern. Dazu tönen Grieg und Holst, der Planet Mars steht für die kriegerischen Wikinger, und plötzlich erinnern die Fischströme an die tödlichen Heere isländischer Eroberer. Man vernimmt den Wunsch:„Ik will danzen“, Ases Tod dringt beklemmend schön ans Herz, Sigur Ros und Kraftwerk bieten den Soundtrack zum Schweifen durch den Raum. Nur die härtesten Wagnerianer bleiben sitzen und warten auf Erlösung durch ein bisschen Meistersound. Er kommt am Ende: wenn alle Gespräche verstummen und die Konzentration ganz auf dem Zauber des manipulierten Klavierklangs liegt.
Ein bisschen Wagner ist tatsächlich: man hört ins „Rheingold“-Vorspiel hinein, aber schier aufregend wird es, wenn der Mann am Klavier mit Hilfe eines elektroakustischen Rückkoppelungsapparats nicht nur den magischen Es-Dur-Akkord mit relativ spartanischem Grundmaterial bezwingend variiert. Inao lässt das Instrument mit Hilfe der Technik zirpen und zupfen, zwitschern und zischen, geisterhaft chorisch singen und rasselnd dröhnen. Der Blick fällt auf die Treppe von Haus Wahnfried, die vom Gartenlicht zauberisch illuminiert wird – und auf die studentische Ausstellung. „Der Wagner-Komplex“ heißt so ein Objekt. Winifred Wagners Auge funkelt ins Dunkel. Was hätte sie wohl zu derartigen Wagner-Variationen gesagt?
Dem Meister hätte es vielleicht gefallen. „Kinder, macht Neues!“, wir wissen ja, was er damit meinte. Heute abend wäre er zufrieden gewesen mit „seinem“ neuen Haus, in dem sich immerhin ein paar vorsichtige wenige Tänzer durch den Raum wagten: als optische Bewegungsmelder eines originellen und endich herrlich neutönerischen, weil zwischen Kunst und Natur vermittelnden Abends. Echt – kein fake.
(Komplett mit Bildern unter der Opernfreund )